"Ich habe keinen Grund, in das operative Geschäft einzugreifen"

Mäzen Dietmar Hopp spricht im Interview mit uns über de "50+1"-Regel, Fremdinvestoren, Jugendarbeit und die TSG Hoffenheim in fünf Jahren. Von Markus Schulze und Sebastian Koch.

Spiel, Satz und Tor: Herr Hopp, der deutsche Fußball hat Ihnen vor wenigen Tagen einen großen Vertrauensbeweis entgegengebracht und Ihnen gestattet, mehr als die Hälfte der Anteile der TSG 1899 Hoffenheim zu besitzen. Die „50+1“-Regel wird damit quasi außer Kraft gesetzt. Was bedeutet Ihnen ganz persönlich dieser Erfolg?

 

Dietmar Hopp (74): Wenn ich Sie da korrigieren darf: Die Regel wird nicht außer Kraft gesetzt. Es bedeutet, dass es in meinem Fall eine Ausnahme gibt, weil ich die TSG 1899 Hoffenheim seit nunmehr mehr als 25 Jahre maßgeblich, nachhaltig und umfassend unterstütze. Dieser Passus wurde in den Statuten des DFB verankert. Ich nehme also geltendes DFB-Recht wahr.

 

SSUT: Von anderen Bundesliga-Managern traf die Ausnahmeregelung auf sehr großen Zuspruch - Der Vorstandsvorsitzende von Eintracht Frankfurt, Heribert Bruchhagen, ansonsten eigentlich ein strikter Gegner von Fremdinvestoren, sprach Ihnen sogar offiziell das Vertrauen der Bundesliga aus. Ist das für Sie in gewisser Weise eine Genugtuung und Würdigung Ihrer Arbeit?

 

D.H.: Von Genugtuung möchte ich nicht sprechen, von Würdigung und Anerkennung allerdings schon. Ja., es freut mich sehr, dass auch die Kritiker anerkennen und sehen, dass von der TSG keine Gefahr ausgeht und wir hier bodenständig, innovativ und mutig im Sinn des Fußballs vorangehen. Die Infrastruktur, die hier ohne einen Cent an Steuergeld aufgebaut wurde, sucht ihresgleichen. Die Nachwuchsförderung, auch außerhalb des Platzes, ist beispielgebend. Das bekommen wir immer wieder attestiert. Der Fußball ist zu einer Unterhaltungsshow und einer Multimilliarden-Euro-Veranstaltung geworden. Wer dabei sein möchte, muss neue Wege der Finanzierung finden und gehen. Die traditionellen Einnahme-Säulen alleine reichen da nicht mehr aus.

 

SSUT: Wie würden Sie sich verhalten, wenn dieses Vertrauen von den anderen Bundesliga-Klubs nicht vorhanden wäre?

 

D.H.: Ich würde versuchen, weiter Überzeugungsarbeit zu leisten. Wir sind enorm transparent, legen alles offen und zeigen jedem unsere Einrichtungen. Und meine Förderung geht ja auch weit über den Fußball und die TSG Hoffenheim hinaus. Sie erstreckt sich auf soziale, medizinische und karitative Einrichtungen, auf innovative Projekte und Firmen. Sie umfasst im Sport auch Eishockey, Golf, Handball und den Behindertensport. Von den Wirtschaftsunternehmen, gerade auch in der Metropolregion Rhein-Neckar, ganz zu schweigen. Ich will damit gar keine Werbung betreiben, sondern zeigen, dass hier alles nachhaltig und mit Blick auf eine ganzheitliche Weiterentwicklung angelegt ist.

 

SSUT: Können Sie unseren Lesern noch einmal erläutern, mit welchen Auflagen die DFL Sie bei der Anteilsmehrheit bedacht hat? Ist es zum Beispiel möglich, dass Sie oder Ihre Nachkommen die Anteile irgendwann einmal verkaufen?

 

D.H.: Nein, ein Verkauf der Anteile ist nicht möglich. Ich habe mich verpflichtet, die Anteile in der Familie zu halten. Sollte in meiner Familie irgendjemand irgendwann kein Interesse mehr daran haben, fallen sie an den Verein zurück. Es wird also nie dazu kommen, dass Investoren mit Absichten, die nicht den meinen entsprechen, den Klub übernehmen können.

 

SSUT: Sie werden Ende April 75 Jahre alt. Ist es für Sie schon absehbar, wann Sie die Geschäfte an Ihren Sohn Daniel, der ja schon die Adler Mannheim im Eishockey und die Rhein-Neckar-Löwen im Handball zu beachtlichen sportlichen Erfolgen geführt hat, übergeben? Welche Rolle spielt Ihr Sohn zurzeit schon bei der TSG?

 

D.H.: Daniel hat derzeit eine rein beobachtende Rolle inne. Er ist aber nicht nur sehr stark im Eishockey und Handball involviert, sondern managt auch mit großem Erfolg die SAP-Arena in Mannheim. Ich persönlich habe sehr gute Antennen dafür, wenn es Zeit ist, sich zurückzuziehen. Ich denke das habe ich schon bei der SAP bewiesen, wo ich mit 58 Jahren das operative Geschäft in jüngere Hände gelegt habe. Bei der TSG bin ich ja noch nicht mal direkt ins operative Tagesgeschäft involviert. Ich hoffe aber, dass ich das Amt als in die Strategie stets eingebundener Gesellschafter noch so lange wie möglich ausfüllen kann.

 

SSUT: Sie haben ihre Rolle bei der TSG gerade angesprochen - tatsächlich fällt es, wenn man sich mit der Entwicklung von Hoffenheim in den letzten Jahren genauer beschäftigt, auf, dass Sie zwar viel investieren, sich aber aus dem sportlichen Tagesgeschäft weitgehend raushalten.
Ist es dennoch mal vorstellbar, dass Sie sich in einer sportlichen Krise öffentlich gegen die sportliche Führung stellen, wenn Sie der Meinung sind, dass diese dem Verein nicht gut tut? Würden Sie eventuell auch selbst mal einen Trainer/Manager entlassen?

 

D.H.: Ich kann mich auf eine sehr gute, kompetente und entscheidungskräftige Geschäftsführung sowie sportliche Leitung verlassen. Mein Rat wird angefragt, und ich bringe gerne meine Sicht der Dinge ein. Es gibt für mich aber keinen Grund, in das operative Geschäft einzugreifen. 

Sieht "keinen Grund, in das operative Geschäft einzugreifen" - Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp.


Quelle: TSG 1899 Hoffenheim

SSUT: Sie haben in der Tageszeitung Die Welt jüngst Scheichs kritisiert, die „die Schatulle aufmachen und es keinen realen Gegenwert zum Investment gibt.“ Wir könnten uns vorstellen, dass Ihre Kritiker sofort sagen, dass Sie selbst in die Reihe jener Scheiche (Mäzene) gehören, die „die Schatulle aufmachen“. Was entgegnen Sie jenen Kritikern – was unterscheidet Dietmar Hopp von einem russischen, österreichischen (RedBull) oder arabischen Investor und was ist bei Ihnen der „reale Gegenwert“ zum Investment?

 

D.H.: Ich denke nicht, dass das jemand sagt, der Vorwurf kam auch noch nie auf. Denn selbst die Kritiker wissen, dass ich die TSG seit mehr als 25 Jahren unterstütze, damals noch in der Kreisliga. Ich unterstütze also einen Verein, in dem ich selbst Fußball gespielt habe. Ich habe vor allem in die Infratsruktur investiert: in zwei Stadien, in eine Jugend-Akademie, in mehrere Förderzentren und in Einrichtungen, in denen junge Sportler Aus- und Weiterbildung erhalten. Wir haben eines der modernsten Trainingszentren, einen Footbonauten (ähnlich einer Ballmaschine im Tennis/Anm. d. Red.) und wir halten uns an das "Financial Fairplay". Wir haben in der SAP einen Sponsor, der jedem Dritt-Vergleich standhält. Meine Anschubfinanzierung hat nie den Rahmen des Erlaubten überschritten, sonst hätte ich auch nicht die Ausnahmegenehmigung von DFL und DFB bekommen. Wir sind kein Werksklub.

 

SSUT: Über jenes "Financial Fair Play" haben Sie sich zuletzt auch im Studio von Sky unterhalten und dabei unmissverständlich klargemacht, dass dieses auch von der TSG Hoffenheim eingehalten werden soll und eingehalten werden muss. Mit großen Transfererlösen hat der Verein in den letzten Jahren auch bewiesen, dass das möglich ist. Stellt sich dann nicht aber auch zwangsläufig die Frage, ob Hoffenheim noch einen Mäzen braucht? Ist der Verein ohne Sie inzwischen überlebensfähig?

 

D.H.: Der Verein ist bestens aufgestellt. Er wird sich alleine tragen müssen und das wird er bald auch können. Wir sind darauf angewiesen, intelligent einzukaufen und ebenso intelligent zu verkaufen. Die Nachwuchsarbeit ist unser Herz - in sie werde ich auch weiterhin investieren, ideel wie finanziell. Das ist erlaubt und auch gewünscht. "Financial Fair Play" ist elementar für einen Klub wie Hoffenheim. Nur bei konsequenter Anwendung werden auch kleinere Vereine weiter eine Rolle im Profigeschäft spielen können. 

Dietmar Hopp gründete 1972 das Software-Unternehmen "Systemanalyse und Programmentwicklung", aus dem 1988 die SAP AG hervorging. Von 1988 bis 1998 saß der 74-Jährige dem Vorstand der AG vor.

Hopp zählt zu den reichsten Deutschen und unterstützt neben der TSG Hoffenheim vor allem auch karitative und gemeinnützige Zwecke in der Metropolregion Rhein-Neckar.

Der Heidelberger ist Träger des Bundesverdienstkreuzes und Laureus-Presiträger für Wohltätigkeit. 

 

Quelle: TSG 1899 Hoffenheim

SSUT: Wir haben jetzt sehr viel über Ihr finanzielles Engagement gesprochen und wollen noch einmal kurz auf die sportliche Situation von Hoffenheim kommen: Momentan ist die Mannschaft Tabellen-Siebter mit engem Kontakt zu den Europa-League-Plätzen. Was ist das Saisonziel für die restlichen 13 Spiele?

 

D.H.: Wir haben nie ein Saisonziel definiert, das sich an einer Platzierung festmacht. Mein Wunsch ist, dass sich die Mannschaft über attraktiven Fußball definiert und wir uns in der Bundesliga als Dorfklub etablieren.

 

SSUT: Zum Abschluss noch ein Blick in die Zukunft – wo sehen Sie 1899 Hoffenheim in fünf Jahren sowohl sportlich als auch finanziell?

 

D.H.: Ich sehe die TSG als gut aufgestellten, innovativen, mutigen und bodenständigen Dorfklub, der auf eigenen Füßen steht. Mit jungen, ehrgeizigen Spielern und attraktivem Fußball wollen wir die Bundesliga auch in den kommenden Jahren bereichern.

 

SSUT: Herr Hopp, wir bedanken uns für das Gespräch und die Zeit, die Sie sich genommen haben.  

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